Jerabek-Willemsen, Moran:
Bildung, Reparatur und Signaltransduktion von DNA-Alkylierungsschäden in Zellen des murinen und humanen hämatopoetischen Systems
Duisburg, Essen, 2009
2009Dissertation
BiologieFakultät für Biologie
Titel:
Bildung, Reparatur und Signaltransduktion von DNA-Alkylierungsschäden in Zellen des murinen und humanen hämatopoetischen Systems
Autor*in:
Jerabek-Willemsen, Moran
Akademische Betreuung:
Thomale, Jürgen
Erscheinungsort:
Duisburg, Essen
Erscheinungsjahr:
2009
Umfang:
113 Bl.
DuEPublico 1 ID
Signatur der UB:
Notiz:
Duisburg, Essen, Univ., Diss., 2010

Abstract:

Ausgangspunkt für diese Arbeit war die Frage, ob und gegebenenfalls wie sich Stamm- und Vorläuferzellen in ihrer Antwort auf genotoxischen Stress von weiter differenzierten Zellen der gleichen Entwicklungslinie unterscheiden. Experimentell untersucht wurde dies am Modell der murinen und der humanen Hämatopoese, weil hier Zellen unterschiedlicher Differenzierungsstufen bereits relativ gut charakterisiert sind, sich mit etablierten Methoden beispielsweise aus Knochenmark oder Nabelschnurblut isolieren lassen und ex vivo kultiviert werden können. Als DNA-reaktive Substanz wurde aus der Gruppe monoalkylierenden Verbindungen das Zytostatikum Temozolomid (TMZ) ausgewählt, dessen Stammzell-toxisches Potential und seine ausgeprägte Knochenmark- schädigende Wirkung ein erhebliches Problem in der onkologischen Klinik darstellen. Aus Untersuchungen an Zell-Linien war bekannt, dass (i) die zytotoxische Wirkung fast ausschließlich von dem Alkylierungsprodukt O6-Methylguanin (O6-meG) ausgeht, obwohl es nur einen geringen Teil (6 %) aller TMZ-induzierten DNA-Schäden darstellt. Dieses Addukt (ii) wird in den meisten Säugerzellen effizient durch die Methyltransferase MGMT aus der genomischen DNA eliminiert. Deshalb wurde im ersten Teil dieser Arbeit untersucht welche biologischen Konsequenzen ein durch MGMT-Gentransfer erhöhte Reparaturkapazität für dieses Addukt in primären Stamm-/ Vorläuferzellen des hämatopoetischen Systems der Maus und in murinen hämatopoetisvchen Zell-Linien haben. Im Hinblick auf einen möglichen klinischen Einsatz zur Myeloprotektion bei einer Chemotherapie wurde dafür die Mutante MGMTP140K verwendet, die resistent gegen den pharmakologischen MGMT-Inhibitor BG ist. Eingesetzt wurden für den Gentransfer verschiedene Retrovirale Vektorkonstrukte, die ein breites Spektrum transgener MGMTP140K-Expression erlaubten. Als wichtigste Befunde ergab sich aus diesen Experimenten:  Der MGMTP140K-Gentransfer führt zu einer erheblich verbesserten Reparaturkapazität für O6-meG bei hämatopoetischen Stamm-/ Vorläufer- zellen im Knochenmark TMZ-behandelter Mäuse  Die drei eingesetzten Vektorkonstrukte vermittelten eine 50-, 200- bzw 1000-fache Überexpression von MGMT in primären hämatopoetischen Zellen, die in allen Fällen ausreichte, die in vivo durch TMZ induzierten O6-meG-Addukte vollständig aus der DNA zu entfernen  Es besteht eine inverse Korrelation zwischen der transgenen MGMTP140K- Expression und der in vivo Chemoprotektion / Selektion hämatopoetischer Stamm-/ Vorläuferzellen im Knochenmark BG-TMZ-behandelter Mäuse.  Hämatopoetische Maus 32D-Zellen zeigen bei sehr hoher transgener MGMTP140K-Expression Wachstumsstörungen, die vermutlich auf der veränderten subzellulären Lokalisation und der verstärkten DNA-Bindung des mutierten Proteins beruhen. Diese Erkenntnisse sollten bei dem geplanten gentherapeutischen Einsatz dieser Protektionsstrategie in der Klinik berücksichtigt werden, da eine Verschiebung des physiologischen Gleichgewichts durch transgene Expression von MGMTP140K die Schutzfunktion für die Zielzellen entgegenwirken kann. Im zweiten Teil der Arbeit wurde die durch persistierende O6-meG-Addukte ausgelöste “DNA damage response“ bei primären humanen, hämatopoetischen Stamm-/ Vorläuferzellen im Vergleich zu differenzierten T-Lymphozyten untersucht. Da Gen-Veränderungen nach struktureller DNA-Modifikation in Stamm- und Vorläuferzellen ein besonderes Risiko für das Überleben vielzelliger Organismen darstellen, reagieren Stamm-/Vorläuferzellen möglicherweise anderes als differenzierten Zellen auf dieser Art von Schäden. An aus Nabelschnurblut isolierten, TMZ-behandelten CD34+- bzw. 34--Zellen wurden folgende Befunde erhoben:  Auslöser der Apoptose sind in beiden Zellpopulationen nicht-reparierte O6-meG-Addukte.  Der TMZ-induzierte Zelltod ist strikt an die DNA-Replikation gekoppelt.  Stamm-/ Vorläuferzellen (CD34+) weisen 12-24 Stunden nach der Behandlung wesentlich höhere Apoptoseraten im Vergleich zu ausdifferenzierten T-Lymphozyten (CD34-) auf.  Im Gegensatz zu differenzierten T-Lymphozyten zeigen Stamm-/ Vorläuferzellen keinen BG-TMZ-induzierten Zellzyklusarrest in der S-Phase.  CD34+-Zellen exprimieren die Protein-Kinase ATR nur in geringem Maße und zeigen nach TMZ-Exposition eine vergleichsweise niedrige Phosphorylierung der „checkpoint“-Regulatoren CHK1 und RAD17.  Bei Stamm-/Vorläuferzellen ist bereits sehr früh (6 Stunden) nach BG-TMZ-Exposition die Bildung von H2AX- und RAD51-Foci (als Indikatoren für DNA-Doppelstrangbrüche) im Kern nachweisbar, während bei differenzierten T-Lymphozyten solche Foci erst im zweiten Zellzyklus nach Behandlung auftreten Diese Befunde deuten darauf hin, dass hämatopoetische Stamm-/Vorläuferzellen prinzipiell anders auf (potenziell mutagenen) genotoxischen Stress reagieren als Zellen später Differenzierungsstadien. Für den fehlenden Zellzyklus-Arrest sowie die rasche Induktion von Apoptose in der Stammzellfraktion könnten die reduzierte Aktivierung des ATR-CHK1- Checkpoints bzw. die frühe Entstehung von DNA-Doppelstrangsbrüchen durch persistierende O6-meG-Addukten verantwortlich sein. Die biologische Bedeutung dieses ungewöhnlichen Verhaltens könnte darin liegen, durch effiziente Elimination von Stammzellen mit DNA-Schädigung der Akkumulation von Mutationen in dieser wichtigen Zellpopulation konterkarieren. Ob es sich dabei um einen Hämatopoese-spezifischen Mechanismus handelt oder um eine generelle Schutzstrategie für somatische Stammzellen muss zukünftig abgeklär