Brand, Matthias; Krämer, S.; Kalbe, Elke; Kessler, Jürgen:
Kognitives Schätzen bei Kindern
In: Zeitschrift für Neuropsychologie : ZNP, Vol. 10 (1999), No. 4, pp. 237 - 238
1999article/chapter in journal
Applied Cognitive ScienceFaculty of Engineering » Computer Science and Applied Cognitive Science
Title:
Kognitives Schätzen bei Kindern
Author:
Brand, MatthiasUDE
GND
123076773
LSF ID
50479
ORCID
0000-0002-4831-9542ORCID iD
Other
connected with university
;
Krämer, S.;Kalbe, Elke;Kessler, Jürgen
Year of publication:
1999

Abstract:

Einleitung: Eine höchst alltagsnahe Fertigkeit stellt das kognitive Schätzen dar, das als «ein Prozeß der Antwortgenerierung bei Nichtverfügbarkeit der exakten Lösung mit Hilfe des semantischen Wissens und der Anwendung von (Vergleichs-) Strategien» verstanden werden kann (Brand, Kalbe & Kessler, 1999). Um die Entwicklung dieser Fertigkeit bei Kindern zu untersuchen, wurde mit Schülern verschiedener Klassenstufen eine reduzierte Version des unlängst erstellten «Test zum kognitiven Schätzen (TkS)», der die Dimensionen Größe, Gewicht, Anzahl, Entfernung und Zeit erfaßt, durchgeführt und ihre Leistungen mit einer Kontrollgruppe (KG) verglichen. Methode: 150 Kinder (Alter: 8 bis 11 Jahre) wurden in die Studie aufgenommen, davon 82 männlich und 68 weiblich. Von ihnen besuchten 43 die dritte, 80 die vierte Grundschulklasse und 27 die fünfte Klasse eines Gymnasiums. Die Schüler wurden mit der reduzierten Version des TkS (r-Tks), sowie mit einer neuropsychologischen Testbatterie untersucht, welche die Komponenten Intelligenz und Allgemeinwissen, sowie grundlegende Kenntnisse im Umgang mit Zahlen erfaßte. Zusätzlich wurden die Leistungen beim Zahlentranskodieren erhoben (vgl. Kalbe, Krämer, Brand & Kessler, 1999). Die Daten von 38 kognitiv-mnestisch unbeeinträchtigten Kontrollprobanden dienten als Referenzwerte. Ergebnisse: Bei einer nonparametrischen Varianzanalyse zeigte sich, daß die Schüler der dritten (M = 41.37 % richtige; SD: 12.13) und vierten Klassen (M = 45.79 %; SD = 14.68) signifikant (χ2 = 31.782; p< .000) schlechter abschnitten als die der fünften Klasse (M = 59.26 %; SD = 9.41). Für das Geschlecht ergab sich kein Effekt (χ2 = 0.31; p = .578). Die Leistung im r-TkS korrelierte mit Allgemeinwissen (HAWIK-R) (r = .46; p < .01). Im Vergleich zur KG zeigten alle Klassen eine signifikant (χ2 = 99.31; p < .000) schlechtere Leistung im r-TkS. Die Leistungen in den Dimensionen Größe, Gewicht, Anzahl und Entfernung kovariierten, lediglich die Dimension Zeit scheint von den anderen Bereichen des Schätzens unabhängig zu sein. Schlußfolgerung: Die Leistungen beim kognitiven Schätzen verbessern sich bei Kindern der Klassen 3 bis 5 zunehmend, sind jedoch immer noch signifikant schlechter als die Erwachsener. Demnach scheint die Entwicklung der Fertigkeit des kognitiven Schätzens im Alter von 11 Jahren noch nicht abgeschlossen zu sein. Ursachen für eine schlechtere Schätzleistung bei Kindern könnten im noch unzulänglich ausgeprägten Wissen oder im Bereich der Repräsentation von Zahlen und Einheiten sowie deren Umsetzung liegen.