Neues, Frank:
Anwendung von Synchrotronstrahlung zur Charakterisierung von Biomineralien
Duisburg, Essen, 2008
2008Dissertation
ChemieFakultät für Chemie » Anorganische Chemie
Titel:
Anwendung von Synchrotronstrahlung zur Charakterisierung von Biomineralien
Autor*in:
Neues, Frank
Akademische Betreuung:
Epple, MatthiasUDE
GND
124964761
LSF ID
10856
ORCID
0000-0002-1641-7068ORCID iD
Sonstiges
der Hochschule zugeordnete*r Autor*in
Erscheinungsort:
Duisburg, Essen
Erscheinungsjahr:
2008
Umfang:
176 S.
DuEPublico 1 ID
Signatur der UB:
Notiz:
Duisburg, Essen, Univ., Diss., 2008

Abstract:

In der vorliegenden Arbeit wurden mehrere Projekte beschrieben, bei denen Röntgenpulverdiffraktometrie und/oder Mikrocomputertomographie mit Synchrotron-strahlung eingesetzt wurden. Die Untersuchung des Zebrabärblings hat gezeigt, dass auch die hochauflösende SRµCT für „große“ Objekte, wie einen drei Zentimeter langen Fisch, möglich ist. Der Zebrabärbling selber eignet sich gut als Modelorganismus für die Untersuchung des Mineralisationsprozesses in Zähnen, da diese permanent ersetzt werden. Hier könnte der Einfluss verschiedener biologischer Faktoren und Umwelteinflüsse untersucht werden. Die Zahnbildung im Zebrabärbling ist ein schneller Prozess, der in ca. neun bis elf Tagen abläuft. Somit könnte auch der Einfluss der Umweltbedingungen auf die Zahnbildung in diesem Organismus untersucht werden. Ein anderer Modelorganismus in der Biologie ist der Medaka. Da das Genom und der Aufbau der Zellen unter den Wirbeltieren hoch konserviert sind, eignen sich Fische wie der Medaka und der Zebrabärbling gut als Modelorganismen um Knochenkrankheiten zu untersuchen. In dieser Arbeit wurde das Skelett eines gesunden und eines Medaka mit idiopatischen Deformationen untersucht. Es ist von höheren Wirbeltieren bekannt, dass die Verformung der Wirbelsäule durch missgebildete oder fehlende Teile hervorgerufen werden kann. Die Ursache der Deformierung des Medakas dieser Arbeit waren deformierte Knochen. Die Deformation betraf nicht nur die Wirbelsäule, sondern auch andere Knochen wie bespielsweise die Rippen. SRµCT ist hier eine hervorragend geeignete Methode, da eine Untersuchung mit Hilfe der Alizarin-Rot-Färbung beim Zebrabärbling gezeigt hat, dass damit die Knochenstruktur verändert wird. Um die Umstände der idiopatischen Deformierung genauer zu untersuchen, könnten SRµCT Experimente an Embryonen und jungen Fischen bei verschiedenen Stadien weitere Informationen liefern. Im Projekt das im Folgenden beschrieben wird, wurden Teile von Lachswirbeln untersucht, die während der Wirbelbildung nacheinander gebildet wurden. Die Teile wurden mit Röntgenpulverdiffraktometrie und Thermogravimetrie untersucht. Es konnte nur ein signifikanter Unterschied gefunden werden. Der Carbonatgehalt des zu Beginn gebildeten Minerals war doppelt so hoch wie bei den anderen Proben. Nach Aussage der Projektpartner wird dieses Material nicht von Osteoblasten mineralisiert, somit könnte dies der Grund für den Unterschied sein. Ansonsten stimmten Kristallgröße und Zusammensetzung weitestgehend untereinander und verglichen mit humanen Knochen überein. Analog zu den Wirbelteilen wurden Mausknochen untersucht. Diese Knochen stammten von normalen und sogenannten Fetuin A-knock-out Mäusen. Bei den knock-out Mäusen allgemein handelt es sich um Tiere, bei denen ein Gen ausgeschaltet wurde. In diesem Fall wurde das Gen für Fetuin-A ausgeschaltet. Fetuin-A verhindert im Körper das Ausfallen von Hydroxylapatit. Projektpartner hatten Fetuin-A im Knochen nachgewiesen und deshalb eine Beteiligung bei der Knochenbildung vermutet. Die Knochen der verschiedenen Tiere zeigten keine signifikanten Unterschiede in Zusammensetzung und Kristallitgröße. Auf Grund der Ergebnisse konnte eine Funktion des Fetuin-A bei der Knochenbildung nicht bestätigt, aber auch nicht ausgeschlossen werden. Hier sind weitere Untersuchungen nötig, um einen Aufschluss zu liefern. Fluorotische Zähne entstehen, wenn bei der Odontogenese zu viel Fluorid aufgenommen wird. Sie zeigen eine Verfärbung des Enamels und Dentins. Der Vergleich eines fluorotischen mit einem gesunden Zahn mittels SRµCT zeigte nicht die erwarteten Unterschiede in der Mineralisation. Einen Schwerpunkt dieser Arbeit stellt die Untersuchung der Kutikula verschiedener Asselarten dar. Das Exoskelett dieser Tiere muss verschiedenen Ansprüchen dienen. Außerdem muss es, da es nicht mitwächst, von Zeit zu Zeit abgeworfen und erneuert werden. Um den Mineralisationsprozess zu verstehen, wurde die Mineralisation der Kutikula von Porcellio scaber bei verschiedenen Zeitpunkten der Häutung untersucht. Es wurden die anteriore und die posteriore Hälfte der Tiere miteinander verglichen. Mittels Röntgenpulverdiffraktometrie und AAS wurde das Verhältnis von ACC/Calcit bestimmt und über die Häutung verfolgt. Die Gesamtmineralisation wurde mittels quantitativer Auswertung der SRµCT-Daten ermittelt. Hier werden die präsentierten Ergebnisse noch durch Ramanspektroskopie und Elektronenmikroskopie durch die Projektpartner erweitert. Danach erfolgt die biologische Bewertung. Wie schon erwähnt, sind die Ansprüche an die Kutikula von Tier zu Tier je nach Verhalten und Lebensraum unterschiedlich. In der Untersuchung der Kutikula von Porcellio scaber und Armadillidium vulgare wurde ein Zusammenhang zwischen Verhalten und Zusammensetzung der Kutikula beobachtet. In dieser Arbeit wurde die Zusammensetzung zusätzlich mit dem Lebensraum verglichen. Dazu wurden vier weitere terrestrische und vier marine Spezies untersucht. Die Unterschiede zwischen „Rollern“ und „non-Rollern“ sind sowohl terrestrisch als auch marin gleich. Der hohe Gehalt von ACC in terestrischen Tieren kann durch die schlechte Verfügbarkeit von Calciumcarbonat während der Häutung erklärt werden. ACC hat eine höhere Löslichkeit wie Calcit, was für die Demineralisation von Vorteil ist. Für die marinen Spezies kann dies nicht erklärt werden. Da der Zusammenhang zwischen Verhalten und Zusammensetzung der Kutikula weiter untersucht werden sollte, wurden weitere Tiere analog analysiert. Für diese Ergebnisse steht die biologische Bewertung noch aus. Die Untersuchung der Embryonen von Biomphalaria glabrata durch SRµCT und Rasterelektronenmikroskopie zeigt die Entwicklung der Schale bei verschiedenen Zeitpunkten der Entwicklung. Es konnte das Gewicht der Schale verglichen mit dem Alter der Tiere dargestellt werden. Es wurden noch SRµCT-Aufnahmen von zwei Australseepocken erstellt, von denen eine gezielt beschädigt wurde. In diesem Projekt kann die Mineralisation und Selbstheilung des Gehäuses durch weitere Studien untersucht werden. Zusätzlich wäre es sinnvoll, das Gehäuse auch mit Röntgenpulver-diffraktometrie und durch thermogravimetrische Analysen zu untersuchen, um weitere Informationen zu erhalten. Die hochauflösende Röntgenpulverdiffraktometrie mit Synchrotronstrahlung zeigte sich für diese Arbeit als besonders nützlich, da die quantitative Phasenanalyse durch das gute Verhältnis des Signals zum Untergrundrauschen sowie eine geringe Geräteverbreiterung der Reflexe genauere Ergebnisse liefert. Auch die Bestimmung der Kristallitgröße mit der Scherrer-Gleichung wird dadurch genauer. Als ergänzende Methode für Studien auf dem Gebiet der Biomineralisation eröffnet die auf Synchrotronstrahlung basierende Mikrocomputertomographie neue Möglichkeiten. Die Auflösung der Computertomographie allgemein reicht von 1-2 mm für Proben in der Größenordnung von mehreren Dezimetern für medizinische Computertomographie. Bei Laborquellen liegt die Auflösung bei wenigen 10 µm (Größenordnung: wenige Zentimeter). Für SRµCT liegt sie bei 1-3 µm (Größenordnung: wenige Millimeter). Es wurde auch schon von einer Auflösung von 700 nm berichtet. Ein Vergleich von Laborgeräten und Mikrocomputertomographie mit Synchrotronstrahlung zeigte eine höhere Auflösung und weniger Artefakte für SRµCT. Das Einsatzgebiet der Computertomographie allgemein ist unter anderem die Untersuchung von Knochen, Zähnen, Kontaktflächen von Implan-taten und anderen Biomineralien. Ein Nachteil für die SRµCT ist allerdings die lange Messzeit, besonders für große Proben (von drei bis zu 36 Stunden), da der Zugriff auf Strahlzeit am HASYLAB limitiert ist. Die beeindruckenden Ergebnisse rechtfertigen jedoch diesen Aufwand.