Rombach, Silvia:
Sporttherapie bei Morbus Parkinson : der Einfluss von Nordic Walking Training auf die Symptomatik und körperliche Leistungsfähigkeit von Parkinsonpatienten
Duisburg, Essen, 2014
2014Dissertation
Sport- und BewegungswissenschaftenFakultät für Bildungswissenschaften » Institut für Sport- und Bewegungswissenschaften
Titel:
Sporttherapie bei Morbus Parkinson : der Einfluss von Nordic Walking Training auf die Symptomatik und körperliche Leistungsfähigkeit von Parkinsonpatienten
Autor*in:
Rombach, Silvia
Akademische Betreuung:
Hennig, EwaldUDE
GND
1161559779
LSF ID
10982
ORCID
0000-0002-2799-8590ORCID iD
Sonstiges
der Hochschule zugeordnete*r Autor*in
Erscheinungsort:
Duisburg, Essen
Erscheinungsjahr:
2014
Umfang:
XI, 163 S. : Ill., graph. Darst.
DuEPublico 1 ID
Signatur der UB:
Notiz:
Duisburg, Essen, Univ., Diss., 2014

Abstract:

Morbus Parkinson ist eine neurodegenerative Erkrankung des fortgeschrittenen Lebensalters. Zu den zentralen motorischen Beeinträchtigungen gehört der schlurfende, kleinschrittige und langsame Gang mit zunehmender Stand- und Gangunsicherheit aufgrund der Reduktion posturaler Reflexe. Der zentrale Bestandteil der Therapie dieser Erkrankung ist eine dopaminerge Medikation, die sehr kostenaufwändig ist. Obwohl sich die Sporttherapie bei chronischen Erkrankungen bereits gut etabliert hat, besteht für die Parkinsonkrankheit diesbezüglich noch viel Forschungsbedarf. Gehirnforscher konnten zeigen, dass das Gehirn trainierbar ist, und dass es insbesondere durch körperliche Aktivität sowie sensorisch sehr gut stimuliert werden kann. In verschiedenen Tiermodellen wurden sehr erfolgsversprechende Ergebnisse gefunden. Leider sind in der Literatur nur wenige sporttherapeutische Interventionsstudien zu finden, die zeigen, dass die Leistungsfähigkeit von Parkinsonpatienten durch körperliche Aktivität verbessert werden kann. Es ist jedoch immer noch unklar, welche Trainingsmethode für welches Patientenklientel am besten geeignet ist. Außerdem bleibt die Frage offen, ob die Parkinsonpatienten ähnlich trainierbar sind wie gesunde Kontrollen. Das Primärziel der vorliegenden Studie war, die Effekte eines 12-wöchigen Nordic Walking Trainings auf die Symptomatik, die Gangfähigkeit, die Aufstehleistung, die Oberschenkelkraft und die respiratorische, sowie metabolische Leistungsfähigkeit zu untersuchen. Das Sekundärziel bestand darin, die Effekte des Trainings zwischen Parkinsonpatienten und gleichaltrigen gesunden Kontrollpersonen zu vergleichen. Mithilfe einer 3D-Kinematik Analyse wurden bei 18 Patienten und 18 gesunden Kontrollen das Gangbild und die Aufstehleistung untersucht. Um die Symptomatik der Parkinsonpatienten zu beurteilen, wurde der UPDRS (Unified Parkinson’s Disease Rating Scale) für den motorischen Bereich erhoben. Desweiteren führten alle Probanden eine isokinetische Kraftmessung der Oberschenkelkraft und eine Leistungsdiagnostik mit Spriroergometrie und Laktatmessung auf dem Laufband durch. Die Bewegungsanalyse und die UPDRS Untersuchung wurden im medizinischen OFF-Zustand durchgeführt, während der Krafttest und der Laufbandtest im medizinischen ON-Zustand durchgeführt wurden. Alle Probanden nahmen an einem 12-wöchigen Nordic Walking Trainingsprogramm teil und trainierten 3 mal wöchentlich jeweils 60 Minuten. Die Untersuchungen fanden vor und nach der Trainingsphase statt. Das 12-wöchige Nordic Walking Training bewirkte bei den Patienten eine durchschnittliche Verbesserung des UPDRS Scores um 2 Punkte, was eine statistische Tendenz darstellt. Dabei wurde in den Ergebnissen eine hohe Variabilität festgestellt, was darauf hinweist, dass die Patienten in ihrer Krankheitssymptomatik trotz ähnlichem Hoehn & Yahr Stadium (Range 2-2,5) sehr inhomogen waren. Die durchschnittliche Leistung der Patienten im Gangverhalten und im Aufstehen blieb nach dem Training unverändert. Dabei konnte insbesondere in der Ganganalyse eine hohe Leistungsheterogenität beobachtet werden, die auf eine Responderanalyse hinweist. Auf diese wurde jedoch aufgrund der dadurch zustande kommenden kleinen Gruppengröße verzichtet. In der Literatur sind verschiedene Strategien für das Aufstehen bei Parkinsonpatienten oder anderen körperlich eingeschränkten Personen beschrieben. Diese stimmen jedoch nicht mit den Ergebnissen der vorliegenden Studie überein. Die Patienten zeigten stattdessen ähnliche Bewegungsmuster wie Gesunde, nur in einer verlangsamten Ausführung. Nach dem 12-wöchigen Training erhöhte sich in allen isokinetischen Arbeitsweisen die Oberschenkelkraft der Patienten. Dadurch kann gefolgert werden, dass ein mittelfristiges, kraftunspezifisches Training zu deutlichen Verbesserungen der statischen wie dynamischen Oberschenkelkraft führt. Zwischen dem mehr und dem weniger betroffenen Bein konnten keine Leistungsunterschiede beobachtet werden. Durch die Leistungsdiagnostik konnte gezeigt werden, dass sich die Patienten in ihrer Sauerstoffaufnahmekapazität und in ihrer Leistung an den Laktatschwellen LT und IAS durch das Training verbesserten. Es konnten jedoch keine Anpassungserscheinungen in den metabolischen Messgrößen (z.B. Gehökonomie, Laktatkonzentration) beobachtet werden. Im Vergleich zu den Normwerten erreichten die Patienten das altersgerechte Leistungsniveau, jedoch des unteren Bereichs. Auf der Basis der statistischen Analyse aller kinematischen, isokinetischen und respiratorischen, sowie metabolischen Messgrößen wurden keine Unterschiede zwischen den Trainingseffekten der Parkinsonpatienten und den gleichaltrigen gesunden Kontrollen gefunden. Jedoch zeigte sich ein tendenzieller Gruppenunterschied in der Gangleistung: Während die gesunden Kontrollen ihre Gehgeschwindigkeit und Schrittlänge verbesserten, blieben die Patienten darin unverändert. In der Aufstehleistung konnte ebenfalls in beiden Gruppen keine Leistungsverbesserung erreicht werden. Jedoch verbesserten beide Gruppen ihre Oberschenkelkraft, während die Patienten dabei tendenziell mehr Kraftzuwachs erzielten als die gesunden Kontrollen. Die Ergebnisse aus der Spiroergometrie und dem Laktattest deuten darauf hin, dass die Patienten dazu fähig sind, die Leistung der gesunden Kontrollen zu erreichen, jedoch scheint es, dass eine erhöhte Atemfrequenz und anaerobe Energieutilisation bei den Patienten dafür verantwortlich sind. Das Nordic Walking Training hatte darauf keinen Einfluss. Zusammengefasst legen die Ergebnisse der vorliegenden Studie dar, dass sich die Symptomatik von Parkinsonpatienten durch Nordic Walking Training tendenziell verbessern lässt. Desweiteren konnte nachgewiesen werden, dass die körperliche Leistungsfähigkeit durch Training bei Parkinsonpatienten verbessert werden kann, ähnlich wie bei gleichaltrigen gesunden Kontrollen. Neben der medikamentösen Therapie zeigt sich die Sporttherapie als vielversprechende Zusatztherapie bei Morbus Parkinson und sollte in die Behandlung dessen intensiver mit eingebunden werden. Hierfür hat sich das Nordic Walking als eine sichere und einfach durchführbare Trainingsmethode gezeigt.